Straßenmarkierungssysteme und autonomes Fahren – Digitrans-Experteninterview mit SWARCO Road Marking Systems

Straßenmarkierungssysteme und autonomes Fahren - Digitrans „Questions and Answers“ mit Harald Mosböck und Friedrich Wiesinger von SWARCO Road Marking Systems

Seit Juli 2021 ist SWARCO Road Marking Systems Kooperationspartner von Digitrans im Bereich Straßenmarkierungssysteme.

Die Markierungsexperten von SWARCO Road Marking Systems testen seitdem im Digitrans Testcenter für autonomes Fahren, inwiefern Fahrbahnmarkierungen für die Sensoriken moderner Fahrzeuge lesbar sind, und das unter unterschiedlichsten äußeren Bedingungen.

Die Digtrans- Teststrecke in St. Valentin bietet dafür einen vielfältigen Experimentierraum. Nun, nach mehr als anderthalb Jahren Kooperation ist es Zeit für ein Zwischenfazit.

Wir haben daher Harald Mosböck (Vice President, SWARCO Road Marking Systems Division Europe) und Friedrich Wiesinger (Team Leader Product Development von SWARCO Road Marking Systems) zu einem Interview geladen, um sie zum aktuellen Stand der Forschung im Bereich automatisiertes Fahren und der Rolle von Straßenmarkierungen zu befragen.

Welche Tests konnten bereits mit den Markierungssystemen von SWARCO Road Marking Systems im Digitrans Testcenter für autonomes Fahren durchgeführt werden?

In den letzten eineinhalb Jahren wurden mehrere Detektionstests mit Business-Partnern durchgeführt. Hierbei untersuchten wir die Verlässlichkeit, mit der Kamera- und LiDAR-Sensoren die verschiedenen Markierungssysteme auf der Teststrecke in St. Valentin bei unterschiedlichen Witterungsbedingungen und zu Tages- und Nachtzeiten erkennen können.

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SWARCO Road Marking Systems und die ZKW Group forschen auf der Teststrecke in St. Valentin gemeinsam an der Zukunft des automatisierten Fahrens. © SWARCO Road Marking Systems

Automatisiertes Testfahrzeug der JKU auf der Digitrans Teststrecke

Gemeinsam mit dem Lehrstuhl für nachhaltige Transportlogistik 4.0 der JKU Linz wurden LiDAR und Kameras getestet, u.a. zur Detektion der Umgebung und Straßenmarkierungen. © Lehrstuhl nachhaltige Transportlogistik 4.0 Johannes Kepler Universität Linz

Welche Ziele verfolgt SWARCO Road Marking Systems mit den Tests im Digitrans Testcenter auf der Teststrecke in St. Valentin?

Mit den Tests und Messungen auf der Digitrans-Teststrecke in St. Valentin verfolgen wir primär das Ziel, weitreichende Erkenntnisse zu gewinnen, unter welchen Voraussetzungen die Sensoriken moderner Fahrzeuge Straßenmarkierungen erkennen und so den Weg für das automatisierte Fahren ebnen können. Dabei sollen wissenschaftliche Erkenntnisse über die Detektierbarkeit bestehender Standard- und Premium-Markierungssysteme durch State-of-the-Art-Sensoren gewonnen werden. Dies soll dabei helfen, zu Mindeststandards für die Qualität von Straßenmarkierungen zu kommen, damit automatisiertes Fahren verlässlich funktioniert. Wir konnten nachweisen, dass breitere und höher retroreflektierende Premiummarkierungen verlässlicher zu erkennen sind und somit zu mehr Verkehrssicherheit beitragen.

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Premium Strukturmarkierungen erhöhen die Sichtbarkeit und Sicherheit im Straßenverkehr auch für das automatisierte Fahren.
© SWARCO Road Marking Systems 

Welche Erfahrungen konnten bei den Tests auf der Teststrecke in St. Valentin gesammelt werden?

Erste Erkenntnisse zur Maschinenlesbarkeit von Straßenmarkierungen konnten bereits in wissenschaftlichen Arbeiten und Presseartikeln publiziert werden. Hierbei wurden auf der Digitrans-Teststrecke in St. Valentin zum Beispiel Standard- und Premium-Markierungssysteme bei Nässe mit Kamera und LiDAR untersucht.

Besonders die Outdoor-Beregnungsanlage auf der Teststrecke in St. Valentin hat uns dabei geholfen, die Erkennbarkeit unterschiedlicher Markierungssysteme für Kamera- und LiDAR-Systeme in verschiedenen reproduzierbaren Szenarien bei unterschiedlichen Niederschlagsintensitäten zu untersuchen.

Dadurch haben wir in kürzester Zeit interessante Ergebnisse erhalten. Beispielsweise hat Starkregen einen großen Einfluss auf die Funktionalität der Sensoriken und Markierungssysteme. Sehr deutlich wurde auch, dass strukturierte Markierungen mit Premium-Reflexglasperlen für Kamera, LiDAR und das menschliche Auge bei Nacht und Nässe viel besser erkennbar sind.

Impressionen von den Tests im Digitrans Testcenter für autonomes Fahren. © SWARCO Road Marking Systems 

Eure Gedanken zur Vision des automatisierten Fahrens in Österreich. Wie könnte es in Zukunft auf unseren Straßen aussehen, und was ist euer Beitrag dazu?

Im nächsten Jahrzehnt wird man von assistiertem Fahren sprechen, da vollautomatisierte Fahrzeuge in Europa aus unterschiedlichen Gründen in naher Zukunft kaum realisierbar erscheinen.

Der Beitrag von SWARCO Road Marking Systems ist hier, beispielsweise für den Spurhalteassistenten moderner Fahrzeuge optimale Lesbarkeitsverhältnisse zu schaffen, und zwar durch bestens sichtbare Straßenmarkierungen bei möglichst allen Witterungsverhältnissen. Hier leisten unsere High-Performance-Markierungen in Form von Typ II- Strukturmarkierungen einen wesentlichen Beitrag. Für die größtmögliche Sicherheit, sowohl aus der Perspektive der Assistenzsysteme als auch der des menschlichen Fahrers, wäre es daher wünschenswert, derartige Markierungen auf allen hochrangigen Straßen zu haben.

Wo seht ihr im Bereich des automatisierten Fahrens in Kombination mit Markierungssystemen die größten Herausforderungen der kommenden Jahre?

Zu den größten Herausforderungen zählen witterungsbedingte Grenzfälle, etwa blendende tiefstehende Sonne, Starkregen, Schneefall oder Eis, wodurch die Sichtbarkeit von Markierungen stark eingeschränkt wird. Die Sensoren der Fahrzeuge sind in solchen Fällen teilweise „blind“.
Für ein zuverlässiges Fahren unter diesen Bedingungen sind Premium-Markierungen und sehr kontrastreiche Markierungen Voraussetzung. Fahrzeugseitig hilft hier die Kombination mehrerer Detektionssysteme (Kamera, LiDAR, Radar, etc.).

Blendung bei tiefstehender Sonne im Digitrans Testcenter für autonomes Fahren. © SWARCO Road Marking Systems 

Simulierter Regen auf der Outdoor-Beregnungsanlage bei Digitrans © SWARCO Road Marking Systems 

Wie unterstützt euch Digitrans bei eurem Vorhaben, und was gefällt euch besonders gut an der Zusammenarbeit auf der Teststrecke in St. Valentin?

Auf der Teststrecke für automatisiertes Fahren in St. Valentin hat Digitrans mit verschiedenen reproduzierbaren Funktionalitäten ideale Bedingungen für das Testen des automatisierten Fahrens geschaffen. Sowohl unterschiedliche Witterungsbedingungen als auch eine Vielzahl an Verkehrsszenarien können dort sicher und reproduzierbar getestet werden, wodurch das Digitrans-Testareal für unsere Forschungsschwerpunkte besonders wertvoll ist.

So bieten die City Zone und die erst kürzlich errichtete Outdoor-Beregnungsanlage konstante Bedingungen für komplexe und reproduzierbare Testszenarien.

Hinzu kommt die Unterstützung durch Experten aus der Industrie und ein eigens entwickeltes automatisiertes Versuchsfahrzeug, welches in Zukunft auch auf öffentlichen Straßen in Österreich unterwegs sein wird.

Impressionen aus dem Digitrans Testcenter für autonomes Fahren auf der Teststrecke in St. Valentin © DigiTrans GmbH

Gibt es Pläne für zukünftige Projekte im Bereich des automatisierten Fahrens?

In Zukunft werden gemeinsame Tests von automatisierten Fahrzeugen auf der Teststrecke in St. Valentin, aber auch auf öffentlichen Straßen, von Interesse sein. Vor allem das von Digitrans entwickelte automatisierte Versuchsfahrzeug Digitrans eVAN kann hier interessante Messdaten von Markierungssystemen liefern – und das auch außerhalb der gewohnten „Laborumgebung“ einer Teststrecke. Der Wechsel auf öffentliche Autobahnen, Landstraßen und in die Städte wird der nächste wichtige Test-Schritt in Richtung automatisiertes Fahren sein.

Interviewpartner:

Harald Mosböck

Vice President Region Europe – SWARCO Road Marking Systems

Friedrich Wiesinger

Team Leader Product Development - SWARCO Road Marking Systems

Aktuelle Bilder des Testbetriebes in Gunsirchen, Oberösterreich

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